
Frage 1: Wann hast du angefangen zu schreiben, und was hat dich schlussendlich dazu gebracht dein erstes Buch zu veröffentlichen?
Schon als kleiner Junge habe ich den Märchen meiner Kindheit oft eigene Wendungen gegeben. Auch weil mir die Erzählungen der damaligen Zeit meist ziemlich klischeehaft erschienen: Wieso musste die Hexe brennen, warum wurde der Drache am Ende erschlagen (ich hab ein Herz für fliegende Echsen und alles, was Feuer speien kann) und wer kam auf die glorreiche Idee, die eigenen Kinder im Wald auszusetzen?
Der Übergang von kleinen Geschichten für den Hausgebrauch zu selbst illustrierten Texten und schließlich hin zum ersten Buch (meine Autobiografie „Mischlingskind“ erschien im Februar 2016 bei Amazon) erfolgte eher zufällig. Ich hatte schon seit Langem den Drang verspürt, die Geschichte meines Lebens aufzuschreiben und eines Tages passierte es dann halt.
Den Entschluss, aus meinem Hobby einen Lebensinhalt zu machen, verdanke ich meinem besten Freund und „Bruder“ Ralf. Eigentlich sind wir beide Cousins, doch er war mir immer wie ein Spiegelbild der Seele. Und als er vor beinahe fünf Jahren von uns ging, da wurde mir schlagartig klar, wie vergänglich das Leben ist.Ja, die Dinge, die uns wichtig erscheinen, können von einem Augenblick auf den anderen zerbrechen, wie das Glas in einer Vitrine. So habe ich den Entschluss gefasst, die Geschichten aufzuschreiben, von denen ich glaube, dass sie nicht dem Vergessen anheimfallen sollten. Damit sie gelesen und immer wieder aus Neue erzählt werden. Auch dann noch, wenn ich schon lange nicht mehr bin.
Frage 2: Wie fühlst du dich, wenn deine Bücher online gehen und die ersten Lesermeinungen dazu eintreffen?
Natürlich muss ich mir als Autor um das Schicksal meiner Bücher Gedanken machen – erst recht als Selfpublisher, der vom Cover bis zum Begleittext alles selber zu gestalten hat. Es freut mich sehr, wenn meine Bücher den Lesern gefallen. Doch ist das Kind erst aus dem Haus, ist man als Elternteil auf die Rolle des Zuschauers reduziert. Entweder der Sprössling zeigt sich tauglich in der Welt oder man kommt zu der Erkenntnis, dass es eben doch kein Heldenepos auf den Nachwuchs geben wird. So oder so – man steht zu seinem Kind.
Frage 3: Wer oder Was hat dich zu deinen Geschichten inspiriert, oder schreibst du einfach darauf los?
Ich habe mit der Antwort auf diese Frage ein echtes Problem – denn ich weiß es nicht. Die Erzählung ist einfach, da steht schon fast fertig in meinem Kopf geschrieben und ich weiß nicht, wie sie da hingekommen ist. Es ist, als hätte ich einen kleinen Mann im Hirn, der hinter zugezogenen Vorhängen ganze Seiten für mich füllt, um mir hernach das fertige Ergebnis auf die vorderen Stirnlappen zu legen. NUR REDET DER MISTKERL DABEI KEIN EINZIGES WORT MIT MIR! Ich finde es frustrierend und mitunter auch beängstigend – dass ich meinen kreativen Prozess weder nachverfolgen noch kontrollieren kann.
Was die Inspiration durch andere Autoren anbelangt, so halte ich mich da vor allem an bewährte Klassiker: Jules Verne, Isaac Asimov, Stanislaw Lem, Ambrose Bierce, Arkadi und Boris Strugatzki, E.E. Schattschneider, Leo Perutz u. a. Unter den Büchern meiner Kindheit haben mich vor allen anderen Krabat von Otfried Preußler und Tecumseh von Fritz Steuben tief beeindruckt.
Frage 4: Gibt es einen Lieblingsort, an dem du schreibst?
Ich bin im wahren Leben ein Getriebener. Zu Anfang war es meine Arbeit als IT Berater für internationale Konzerne, die mich von Land zu Land und dann von Kontinent zu Kontinent führte. Doch im Lauf der Jahre kam mir irgendwann die Bindungsfähigkeit abhanden, die man braucht, um sich heimisch zu fühlen irgendwo in der Welt. Meine nicht ganz unkomplizierte Kindheit spielt da wohl auch zum großen Teil mit hinein. Was auch immer der Grund, mittlerweile ist mir das „Leben aus dem Koffer“ zum Schicksal geworden und während ich vor Corona durchaus eine erkleckliche Anzahl an „Lieblingsorten“ aufzuzahlen hatte, so treibt mich nun – wie so viele andere – vor allem die Sorge um das liebe Geld von A nach B nach C und immer weiter, dem Ende des Alphabets entgegen.
So suche ich meine geistige Heimat in virtuellen Welten, bestrebt, den Lärm und Gestank zu ignorieren, der allzu oft die Umgebungen charakterisiert, in denen ich mein Quartier beziehen muss. Das gelingt mir manchmal mehr und manchmal weniger – doch so ist nun mal das Leben eines ewig Reisenden. Das ist nicht die beste Art, ein Buch zu schreiben, doch es ist die Einzige, die mir möglich erscheint.
Frage 5: Was sagen deine Familie und Freunde dazu, dass du schreibst und lesen sie deine Bücher?
Na ja – in aller Regel erspare ich uns allen die Verlegenheit, meine engste Umgebung in meine literarischen Abenteuer mit einzubeziehen. Was sollten sie auch sagen? Das wäre ja so, als ob mich meine wohlbeleibte Freundin (die ich nicht habe) in ihrem neuen Kleid fragte: „Sehe ich darin dick aus?“
Frage 6: Als Autor wachsen einem sicher die Protagonisten, die man entstehen lässt ans Herz, wie geht es dir dabei, wenn du unter ein Buch das Wort ENDE schreibst?
Da der kleine Mann in meinem Hirn sich diese ganzen Charaktere für mich ausdenkt – und mich dabei mehr oder weniger zum Protokollschreiber eines bereits abgeschlossenen Schauspiels degradiert – habe ich wenig bis gar keine emotionalen Bindungen zu den „*gonisten“ meiner Bücher. Ich schaue dem Ganzen zu, wie ein Besucher im Kino auf die Leinwand starrt und frage mich, wo bloß die ganzen Leute hergekommen sind, die sich plötzlich alle auf die flache Ebene einer Seite quetschen wollen – und dann wird noch eine Seite draus und noch eine und … Irgendwann schnapp ich mir diesen Hirni mal und hau ihm so richtig eins auf die Griffel. Damit der weiß, wie es sich anfühlt, wenn man 5 Stunden am Stück die Tastatur beschäftigt.
Frage 7: Gehst du neben dem Schreiben auch noch einem anderen Beruf nach, wenn ja welchen? Und wie schaffst du es das alles unter einen Hut zu bringen?
Tagsüber arbeite ich als IT-Berater und betreue dabei die Großrechner internationaler Konzerne. Das hört sich seeehr glamourös an, aber in Wirklichkeit bin ich da nur ein kleines Rädchen im Getriebe. Eines von vielen, die sich alle brav in die gleiche Richtung drehen müssen. Und „unter einen Hut“ bekomme ich bei dem Stress schon lange nichts mehr – aber es klappt halt irgendwie.
Frage 8: Gibt es etwas das du deinen Lesern gerne mitteilen und sagen möchtest?
Ja, lest gute Bücher und sprecht über sie – und wenn einige Titel von mir darunter sein sollten, umso besser. ;-)Der Vorteil des Buches liegt in der Schrift, die sich nicht an Bildern festmacht, sondern die Fantasie und Einbildungskraft erfordert. Man muss als Leser mitarbeiten, um einem guten Text zu seiner vollen Geltung zu verhelfen. Der Betrachter eines Videofilms ist passiv, er sitzt nur da und konsumiert. Aber wer lesen will, muss mitdenken können: Er schreitet in den Text hinein wie ein Dschungelforscher in unbekanntes Terrain. Deshalb sind und bleiben Bücher die edelste Form der Unterhaltung – und ich wünsche uns allen die Gelegenheit, so viele davon als möglich in Ruhe und in Frieden genießen zu können.
Vielen Dank für das interessante und offene Interview Richard und viel Erfolg mit allem, was du noch schreibst.
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